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Auf dem Münchner Jakobsweg 05.Tag 07.05.2023 Peiting - Rottenbuch 15,5 km

  • Autorenbild: Marko Priem
    Marko Priem
  • 7. Mai 2023
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Feb. 2024


Zum Abendessen kam noch ein weiterer Pilger in den Gastraum. Sichtlich fertig, englisch sprechend. Aber er war mehr mit seinem Handy und Selbstgesprächen beschäftigt. Auch mir war gestern nicht mehr nach Gesprächen, war auch zu müde und verzog mich nach dem Essen aufs Zimmer.

In der Nacht bleibt es trocken. Ich werde wie üblich so gegen 05:30 Uhr wach, ist das doch die Zeit in der mein lieber dicker Kater Leon die uneingeschränkte Aufmerksamkeit und vor allem sein Fressen möchte. So tickt also regelmäßig meine biologische Uhr.

Vor dem Frühstück erledige ich noch kleinere Reparatur-Arbeiten.

Beim Frühstück erzählen mir meine Tischnachbarn, 2 Herren des reiferen Jahrgangs aus Bremervörde, dass sie auch auf Auszeit unterwegs sind. Keine Auszeit vom Job, sie sind schon Rentner, sondern von Ihren Frauen ohne festen Rückkehrtermin. Sie wollen Richtung Süden, solange das Geld reicht. Das erzählen sie mit so einem befreiten Lachen, dass es Ihnen zu Hause richtig schlecht gehen muss. Die Armen! Ich starte bei schönem Sonnenschein und muss noch einmal ein paar Kilometer des gestrigen Weges zurück, um wieder auf meinen Camino zu stoßen.

Ich blicke noch einmal zurück auf den hohen Peißenberg und auf die älteste Wetterwarte der Welt. Nach 4 Kilometern finde ich wieder meinen Camino und steige hinab ins Ammertal. Der Weg ist tatsächlich sehr aufgeweicht und erfordert hohe Konzentration und Trittsicherheit. Nach 8 Kilometern erreiche ich den Eingang zur Ammerschlucht. Der Weg ist hier erstmal breiter. Unterwegs überholt mich eine Frau mit ihrem Hund, der ganz aufgeregt vor und zurück rennt, weil er sich auf das ihm versprochene Badevergnügen in der Ammer freut. Die Hundebesitzerin erkundigt sich nach meinen Weg, würde auch gern den Weg nach Santiago gehen, aber die Anreise mit Hund gestaltet sich einfach zu schwierig. Dann fällt ihr ein, sie könne ja den Jakobsweg hier in Peiting starten, wenn das auch ein Jakobsweg ist. Richtig! Keine Anreise, einfach losgehen. Ich finde es schon interessant, dass die Leute hier regelmäßig an den blauen Schildern mit der gelben Muschel vorbeigehen und ihnen nicht klar ist, dass hier ein Jakobsweg lang geht. Ich wünsche ihr, dass sie sich ihren Wunsch noch erfüllen kann, wir verabschieden uns und ihr Hund stürzt sich übermütig in die Fluten der Ammer. Die Ammer braucht hier noch 151 km bis zur Isarmündung bei Moosburg, dabei ändert der Fluss im Ammersee still und heimlich seinen Namen um an der Nordspitze des Ammersees als Amper bis zur Mündung weiter zu fließen. An einer alten Holzbrücke verengt sich nun die Schlucht merklich, der Fluss wird wilder und tosend. Der Weg geht steil aufwärts und führt dann als sehr schmaler Pfad am Steilhang oberhalb der Schlucht sehr aufgeweicht entlang. Jetzt wird mir klar, warum die Etappe trotz der relativ wenigen Kilometer so viel Zeit in Anspruch nimmt. Auf Grund der schlechten Wegqualität komme ich nur schleppend vorwärts, aber ich habe ja genug Zeit. Zum Teil versinke ich knöcheltief im Schlamm. Es war gut, dass ich gestern in Peiting Zwischenstopp gemacht habe und heute erst den Weg gehe. Nach dem gestrigen beschwerlichen An -und Abstieg zum und vom Hohen Peißenberg wäre die Ammerschlucht noch am gleichen Tag einfach zu viel gewesen. Als Tageswanderer sicher kein Problem, aber mit 8 Kilo Gepäck und nun schon einigen Kilometern in den Knochen schon. Somit haben Norbert und Inge gestern alles richtig gemacht, sind umgekehrt und den Alternativweg gegangen. Die Blicke auf die Ammer tief in die Schlucht und die mit Moos bewachsenen Kalksteinterrassen machen den beschwerlichen Weg trotzdem unbedingt lohnenswert. Nach ca. 13 km komme ich dann aus der Schlucht und gehe nun auf breiten Feldweg vorbei an schönen Blumenwiesen Richtung Rottenbuch. Vor mir taucht ein schönes Bergpanorama mit Hörnle, Pürschling und Teufelsstättkopf auf. Und siehe da, vor mir taucht dann auch der englisch sprechende Pilger vom gestrigen Abendessen auf. Er läuft deutlich langsamer als ich und sein Gang sieht auch eher unrund aus, doch mehr quälend. Ich grüße ihn mit Buen Camino, er winkt gequält ab und erzählt mir, dass er nicht den Camino läuft. Er kommt wohl aus Wales und ist mit dem Zug durch Europa unterwegs, wandert immer mal ein paar kleinere Etappen aber der Camino ist nichts für ihn. Er wird wieder langsamer und gibt mir das Zeichen, dass ich ruhig durchstarten soll. Nach 15 km erreiche ich das Kloster Rottenbuch mit einer wunderschönen Klosterkirche. Eine ältere Frau, bei der ich mich vorgestern nach dem Weg erkundigte, hat mir somit nicht zu viel versprochen. Meine Unterkunft ist eine sehr pilgerfreundliche Ferienwohnung mit urigem Garten. Ich habe die Wohnung für mich allein. Der Vermieter erzählt mir, dass vor Coronazeiten, sehr viel internationale Leute, sogar von China und Australien hier als Fuß- oder Radpilger übernachtet haben, nun aber eher nur Deutsche. Im etwas alternativen Kunstcafe mit schönen Bildern bekomme ich doch noch einen großen Salat mit Putenstreifen. Im Hintergrund läuft das französische Originallied, welches ich als deutsche Version von Felix Meyer „ Der Wind trägt uns davon“ kenne. Sehr passend für das alternative Kunstcafe. Mit diesem Ohrwurm verziehe ich mich in meine schmucke Wohnung und pflege meine Knochen.





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