Auf dem Schweizer Jakobsweg 11. Etappe 05.06.24 34 km incl. 3 km Schiff
- Marko Priem
- 5. Juni 2024
- 3 Min. Lesezeit












Das 6-er Zimmer ist voll belegt und ich gehe zeitig schlafen. Etwas später beginnt dann ein kleines asiatisches Sägewerk seine Nachtschicht. Erstaunlich was durch so einen kleinen Körper an Luft durchgepumpt wird. Bei einigen Atemaussetzern habe ich schon Angst, dass ich erste Hilfe leisten muss. Also schnell Ohrenstöpsel rein und so komme ich dann gut durch die Nacht. Nach dem Frühstück, als ich gerade starten möchte, werde ich in der großen Halle vor der Rezeption von einer jungen Dame angesprochen. „Du bist Marko und gehst den Jakobsweg?“. Michelle hat meine Beiträge in der Facebook-Gruppe „Schweizer Jakobsweg“ gelesen und mich erkannt. Sie selbst hat es bis Santiago schon geschafft und zeigt mir ihr Tattoo mit der Jakobsmuschel am Unterarm. Wir tauschen uns noch über die bevorstehende Etappe aus, dann verabschieden wir uns. Erstaunlich, dass ich in einer so großen Halle unter so vielen Leuten erkannt werde. Egal, ich hab mich gefreut und starte auf meine letzte Etappe. Durch Interlaken geht es an vielen Hotels vorbei. Im Gegensatz zu anderen Orten ist hier kurz nach 8 Uhr munteres Treiben. Paragleiter sind schon in der Luft und landen auf einer großen Wiese an der Hauptstraße. Nach 2 km überquere ich die Aare, der Fluss der den Brienzersee mit dem Thunersee verbindet und komme nach Unterseen, ein Ort der an Interlaken direkt anschließt aber eigenständig ist und das nach dem Willen der Bürger auch bleiben soll. Hier wird es merklich ruhiger. Nach der Mündung der Aare in den Thunersee, geht es am Seeufer erst vorbei an der Burgruine Weißenau, dann durch ein Naturschutzgebiet, ein Brutgebiet für Wasservögel. Nach einigen Km geht es dann über einen Panorama-Weg ca. 200 Höhenmeter über den See. Es geht vorbei an den Beatus-Höhlen, den sehr schönen Wasserfall. Nach 15 km erreiche ich Merligen, wo der Jakobsweg über die Schiffspassage am anderen Ufer in Spiez weitergeht. Ich habe noch 45 min Zeit und kann bei der Anlegestelle noch einen Kaffee trinken. In Spiez steigen mit mir auch das kleine asiatische Sägewerk von letzter Nacht mit seiner Freundin aus. Sie sind von Interlaken mit dem Schiff gefahren, sie haben schließlich ihre Koffer in Container-Größe dabei. Spiez ist sehr nett, die schroffen Berge sind hinter uns. Erinnert mich irgendwie an den Gardasee. Hier wird schon reichlich Wein angebaut. Es geht nun im leichten auf und ab am linken Seeufer bis nach Einigen.
Hier teilt sich der Weg, links geht es nach Amsoldingen, nach rechts nach Thun. Ich verabschiede mich vom Jakobsweg und laufe weiter nach Thun, wo dieses Jahr Schluss ist. Es geht durch Parkanlagen, vorbei an Strandbädern und sonstigem Vorort-Geplänkel. Für mich wird es nun ein wenig emotional, denke ich noch mal zurück, an den Weg und und unsere kleine Pilgergruppe, die so in etwa zeitgleich auf dem Weg war. Erwin, Carola, Elisabeth, André und Antje und nicht zu vergessen, ganz am Anfang Birgit und Volker. Egal, mit welcher Motivation sich jeder auf dem Weg gemacht hat. Schön, dass ich Euch kennenlernen durfte. Nach 34 km erreiche ich die Altstadt von Thun und bin ziemlich k.o. aber auch stolz die ca. 250 km geschafft zu haben. Thun gefällt mir viel besser als Interlaken. Ist natürlich Geschmacksache.
Kurzes Fazit: Toller Weg und Landschaft, die Schweizer, sehr nett und hilfsbereit.
Die km-Angaben im Pilgerfüher sind sehr knapp bemessen, ich lag regelmäßig drüber, die Zeitangaben an den Schildern sind dagegen sehr großzügig bemessen. Bei einer angegebenen Stunde hole ich immer 10 bis 15 min raus und ich bin ja auch nicht der schnellste. Navigation braucht man eigentlich nicht. Bis auf wenige Ausnahmen ist der Weg gut beschildert.
Nun freue ich mich auf zu Hause, auf mein Schatz Ramona, die wieder sehr fürsorglich beim Tasche und Apotheke packen geholfen hat. Den Tipp mit der Notfall-Trillerpfeife nimmt zum Beispiel André dankend mit. Die noch weitergehen, kommt gut an, die, die noch unsicher sind, ob sie den Weg gehen wollen: Macht es, es lohnt sich! Vielleicht sieht man sich nächstes Jahr wieder. Buen Camino!



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