Auf dem Münchner Jakobsweg 6. Tag 08.05.2023 Rottenbuch – Lechbruck 26 km
- Marko Priem
- 8. Mai 2023
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Feb. 2024

Gestern Abend war erstmal dringender und ausgiebiger Schuhputzbedarf. Trotz, dass ich zwischendurch fast knöcheltief im Schlamm steckengeblieben bin, haben meine Schuhe durchgehalten. Nachdem ich gestern die 120-Kilometer-Marke geknackt hatte, kann ich sagen, die Schuhe haben ihre Feuertaufe bestanden. Die Schuhe habe ich mir im Rahmen eines Gutscheins als Abschiedsgeschenk von meinen Kollegen*innen meines letzten Teams Anfang März besorgt. Die werde ich nun wohl eine Weile tragen und so habe ich eine schöne Erinnerung an mein wunderbares ehemaliges Team, welches sich um die Flüchtlingsunterbringung in ganz Oberbayern kümmert. Weiß Gott, keine leichte Aufgabe. In der 2. Nachthälfte werde ich munter und versuche mit dem Hörbuch „Wortlos“ wieder in den Schlaf zu kommen. Das Buch handelt vom Abenteuer auf dem portugiesischen Jakobsweg. Ich schlafe relativ schnell wieder ein aber so im Schlummerschlaf höre ich immer wieder von Alkohol-und Drogenexzessen und wie sich die Pilger gegenseitig ins Bett schleppen müssen. Hm, interessant wie viele geschundene Seelen auf dem Jakobsweg unterwegs sind.
Früh wartet auf mich ein sehr gutes vegetarisches Frühstück im Kühlschrank und ich gehe gestärkt, jedoch im Dauerregen auf die nächste Etappe. Nach einem Anstieg verschwindet das Kloster Rottenbuch in den tiefhängenden Wolken, mein Camino geht weiter über Wiesen und schöne Wälder. Es geht vorbei an Wildsteig weiter zur Wieskirche. Eines der bekanntesten Wallfahrtskirchen in Oberbayern. Auf den ersten 10 km treffe ich niemanden. So nehme ich mir mehr Zeit für die Tierwelt. An der Wieskirche ändert sich das schnell, hier werden im Zehn-Minuten-Takt ganze Reisebusse ausgekippt. In der Kirche ist gerade Gottesdienst, dies hindert die Touristen jedoch nicht, trotzdem den Gottesdienst zu stören und Fotos zu machen. Selbst ich „scheinheiliger“ Pilger respektiere das und lausche dem Gottesdienst vom Vorraum aus. Nach dem Gottestdienst hole ich mir noch meinen Pilgerstempel und verziehe mich dann wieder ganz schnell in den Wald. Der Weg führt über ein schönes Hochmoor weiter nach Steingaden. Unterwegs stoße ich nun doch auf einen Bären, obwohl mich Ramona hiervor ausdrücklich gewarnt hatte. Sie hat mir sogar noch Tipps gegeben, wie ich mich hier verhalten soll. Nachdem sich der Bär bereits aufgerichtet hat, ergreife ich schnell die Flucht. ;-)
Ich komme in den Ort Steingaden, ein Ort in dem die Holzverarbeitungsindustrie bis zum Bau von Blockhäusern zu Hause ist. Überall riecht es nach frischem Holz. Am Käseladen mit Käse von der Schönegger Käsealm komme ich nicht vorbei und kehre kurz ein. Mit dem Angebot von zig Käsesorten bin ich überfordert. Ich wollte doch nur ein Stück Käse und eine Scheibe Brot. Die Verkäuferin empfiehlt mir einen Bergkäse und ich werde nicht enttäuscht.
Der Weg zieht sich danach weiter über Wiesen und durch die Miniausgabe von Steingaden, nämlich Steingädele und nochmals durch ein Hochmoorgebiet. Ich entscheide mich für den längeren Weg über den Moorlehrpfad, erfahre hier noch einiges über das Moor und komme nach 23 Kilometern zum Lech. Hier wandere ich noch ein Stück am Fluss entlang Richtung Norden bevor ich den Lech nach Lechbruck überquere. Ich verlasse nun Oberbayern und bin im Ostallgäu angekommen. Meine Unterkunft ist direkt am Jakobsweg und der Betreiber heißt Herr Jakob. Beim Abendessen im Gasthof Holler merke ich, dass sich die Sprache bzw. der Dialekt grundsätzlich ändert, bin ich ja nun bei den Bayerischen Schwaben. Aus dem „S“ wird nun oft ein „SCH“ und als sich die Einheimischen unterhalten, verstehe ich so gut wie gar nichts mehr, nur noch ein Rollen und Murmeln. Meinen Pilgerstempel bekomme ich in der Pension. Ich muss meine Wäsche waschen, da ich heute den ganzen Tag im Regen gelaufen bin. Trotz Regen und sehr einsamen Wegen war es ein schöner Tag.




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