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Auf dem Schweizer Jakobsweg 5. Etappe 30.05.24 Pfäffikon-Einsiedeln 17 km

  • Autorenbild: Marko Priem
    Marko Priem
  • 30. Mai 2024
  • 3 Min. Lesezeit

Weitere Pilger sind am Abend nicht mehr gekommen, so dass die Nacht relativ ruhig war. Nur der Regen prasselte auf das Scheunendach.

Ich freue mich, dass ich mal eher mit Packen fertig bin, als Carola, die Pilgerin, die gestern nach mir gekommen ist. Auf dem Weg Richtung Frühstück fragt mich Carola, ob wir ein Stück gemeinsam gehen. Na klar kein Problem, sage ich, gehen wir halt ein Stück zu zweit, warne Sie aber, dass ich nicht so schnell bin und sie ja weiter als nach Einsiedeln laufen möchte. Ich frage Sie, nachdem sie so wartend im Frühstücksraum steht, ob Sie auch ein Kaffe möchte. Nein, sie hat schon gefrühstückt. Also war ich doch nicht so schnell. Das setzt mich jedoch unter Druck und sich bitte Sie doch nicht zu warten, da ich mir schon für das Frühstück Zeit nehmen möchte.

Ist ok, sie macht sich im Regen allein auf dem Weg. Der Wetterbericht zeigt mir an, dass der Regen vormittags Pause macht und so kann ich mir wirklich Zeit lassen. Ich bekomme mit, dass diese Nacht wieder der Fuchs da war und das Tiergehege untertunnelt hat und sich einen Hasen geholt hat. Mir blutet das Herz. Gestern mussten bereits 4 Hühner daran glauben. Diese Nacht soll es Nachtwache geben und der Fuchs zur Strecke gebracht werden. Beim Frühstück lerne ich noch Tobias, den Sohn der Chefin vom Hof kennen. Er ist 20  und gelernter Zimmermann. Den Wehrdienst hat er auch bereits hinter sich und wir tauschen uns über die Schweizer Wehrpflicht aus. Auch zu dem Thema Berufswahl. Es stört ihn, dass die jungen Leute kein Berufsziel mehr haben sondern nur studieren, um noch nicht arbeiten zu müssen. Er hat seine Ausbildung zum Zimmermann sehr ernst genommen und möchte immer gute Qualität abliefern. Auch zur Neutralität der Schweiz tauschen wir uns aus. Er glaubt nicht mehr an die Neutralität der Schweiz, die ist schon vor vielen Jahren verloren gegangen. Nur im Finanzwesen besteht noch Neutralität, sagt er. Aber das Gespräch ist interessant und mich fasziniert, dass Tobias mit 20 Jahren zu vielen Themen einen klaren Standpunkt hat und sich sehr viel mit den politischen Themen auseinandersetzt. Und das wirklich nicht oberflächlich.

Nach dem Frühstück freunde ich mich noch mit einem Vierbeiner, dem Hofhund an. Der ist so knuffig, dass ich ihn gern als Weggefährten mitnehmen würde. Ich glaube, ihm geht es ähnlich, als er sich dann zu meinem Rucksack setzt. Aber geht leider nicht, also mache ich mich dann doch allein auf den Weg.  Der Lützelhof liegt direkt am Weg und somit beginnt der Anstieg zum Etzelpass gleich beim Haus und mir wird schnell warm. Der Pass ist doch nicht so hoch, wie ich von Erwin gehört habe, auch nur knapp 1000 m. Der Weg nach oben wechselt zwischen Treppen, Wurzeln und Wiese. Links und rechts knistert wieder der Strom der elektrischen Weidezäune, bin immer noch von meinen 3 Stromschlägen traumatisiert und passe auf, dass ich nicht zu nahe an die Zäune komme oder bei der Nässe wegrutsche. Es ist sehr ruhig und ich bin ziemlich allein unterwegs. Bei knapp 800 Höhenmetern treffe ich wieder auf den St. Galler Weg, den ich gestern am Zürichsee verlassen hatte,  um auch ein Stück auf dem Schwabenweg fremd zu gehen. Jetzt sind endgültig bis Genf alle 3 Wege vereint. Mehr Pilger werden es aber trotzdem nicht. Oben am Etzelpass beginnt es nun wieder zu regnen. Der Gasthof hat zu, also hole ich mir in der Kapelle nur den Pilgerstempel und mache mich auf den Weiterweg. Kleine Straßen und Feldwege wechseln sich ab, vorbei an der Geburtsstätte von Paracelsus (1493) bis ich zum Sihlsee komme. In der Ferne ist auch schon Einsiedeln zu sehen. Ich entscheide mich nach Empfehlung der Chefin vom Lützelhof ein ganzes Stück am Wasser entlang zu gehen. Plötzlich schießen dunkele Wolken über den See und es fängt an stark zu regnen. Am Etzelpass gewittert es. Ich verlasse etwas später den See und über einen Hügel erreiche ich dann das Kloster von Einsiedeln. Ein ziemlich großes Gebäude mit 2 Türmen. Nachdem es draußen weiter regnet, verweile ich ein wenig in der Kirche. Ich bin nicht religiös und trotzdem ist es ein schöner Ort zum Innehalten, an die Liebsten zu denken, auch an die, die mit Alter und Krankheit zu kämpfen haben. Mir wird nochmal bewusst, wie gut es mir eigentlich geht. Im Klosterladen empfange ich noch den Pilgerstempel, mache noch eine Runde durch den Ort und gehe weiter zu meiner Unterkunft, eine Art Jugendherberge mit einem Pilgerhaus.

Raus gehe ich heute nicht mehr, da es jetzt stark und anhaltend regnet.















 

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